DUO UWE OBERG / XU FENGXIA

XU FENGXIA Guzheng, Stimme
UWE OBERG Piano, präpariertes Piano

CD (Xu/Oberg): "LOOKING" (NURNICHTNUR 2003)
Soundfiles: Looking on - From the center - Nearly merely - Five and some more

Im Duo UWE OBERG / XU FENGXIA begegnen sich sowohl zwei musikalische Welten wie auch zwei Instrumente, die über eine reiche Tradition verfügen. Mit diesem Erbe spielend und es tranzendierend erschaffen die beiden eine Musik des Augenblicks, die in der Improvisation ihre unterschiedlichen Musiksprachen zusammenführt. Beide sind in der internationalen Szene vielseitig tätig und begeben sich gerne in ungewöhnliche Klanglandschaften - die Grenzen zwischen Jahrhunderte alter Musiktradition und zeitgenössischem Experimentieren werden aufgehoben.

XU FENGXIA studierte in Shanghai chinesische Zupfinstrumente und bewegt sich sowohl in traditioneller als auch zeitgenössischer Musik. Sie arbeitet mit chinesischen Komponisten zusammen, als auch mit internationalen ImprovisatorInnen, so seit 1995 mit Peter Kowald und Gunda Gottschalk in "Global Village", mit dem Flötisten Michael Heupel, dem Saxophonisten Matthias Schubert und dem New Yorker Bassisten Joe Fonda. Ihre aktuelle CD (Difference and Similarity / fmp) zeigt sie als vielseitige Solistin.

UWE OBERG arbeitet seit 1980 als Pianist im Bereich Jazz und Improvisation. Er spielt mit dem UWE OBERG QUARTETT, LACY POOL, mit der Sängerin UTE JEUTTER, in verschiedenen Improvisations-Ensembles, als Solist, und schreibt auch Musik für Tanz / Theater / Lyrik und Stummfilme. Er entwickelte eine spezielle Art der Klavier-Präparation und integriert auch andere Instrumente wie Glockenspiel oder Mbira in seine Performances. Er lebt in Wiesbaden (KOOPERATIVE NEW JAZZ / ARTist) und spielt mit: Alfred Harth, Matthias Schubert, Jürgen Wuchner, Tony Oxley, Peter Kowald, Saadet Türköz, Urs Leimgruber, Sven-Ake Johansson, Heinz Sauer, Rudi Mahall, Frank Gratkowski, Paul Lovens, Axel Dörner, Evan Parker u.v.a. Zahlreiche CD`s. 2007 erhielt er den hessischen Jazzpreis.

Beautiful sonorities and acute listening have turned this album into one of 2003's best improv records.
FRANCOIS COUTURE, ALL-MUSIC-GUIDE

FRANKFURTER RUNDSCHAU 9.1.03: UWE OBERG UND XU FENGXIA: GERÄUSCH-KLANG WUNDERTÜTE
Das Vexierspiel beginnt bereits mit dem Cover. Was ist oben, was unten, sind Fragen, die man nicht stellen darf. Im freien Raum der musikalischen Improvisationskunst, noch dazu im Niemandsland zwischen Jazzavantgarde und chinesischer Tradition, das Uwe Oberg und Xu Fengxia erkunden, gibt es keine festen Koordinaten. Man muss es mit Neugier und offenen Ohren entdecken. Wer das tut, hört viel: ein Gefühl atmender, bei aller Dynamik von innerer Ruhe getragener Weite und eine sparsame, fast karg anmutende, sperrige Schönheit.

Das Pendel schlägt dabei in beide Richtungen aus: in die der chinesischen Tradition auf der einen, des frei strömenden, spontan, auch eruptiv erfundenen Jazz auf der anderen Seite. Der in Wiesbaden lebende Pianist Oberg und die auf dem alten chinesischen Saiteninstrument Guzheng agierende, in Shanghai geborene Xu Fengxia wissen um ihre unterschiedliche Herkunft und versuchen erst gar nicht, ihre Perspektiven mühsam gleichzuschalten. Sie reagieren hellhörig auf die jeweilige Fremdheit des Anderen und suchen im Klang nicht immer nur die Überschneidung, sondern gerade auch die Reibung, das geschärfte Nebeneinander.

Die Schnittstelle ist die Geräusch-Klang-Wundertüte des präparierten Klaviers. Oberg arbeitet ohnehin gerne im und mit dem Innenraum seines Flügels, und auch Xu Fengxia erweitert das akustische Spektrum ihrer Guzheng durch verschiedenste Manipulationen und öffnet sie dadurch dem zeitgenössischen Jazz. Gerade das Perkussive schillert dabei in prächtigen Farben. Und manchmal nimmt Xu noch ihre Stimme hinzu und reißt die Musik weit weg von dieser Welt. In ein namenloses Land, das kein Oben kennt und schon gar kein Unten. gor

WIESBADENER KURIER: BALANCE IN DER KOMMUNIKATION DER KLÄNGE
ARTist im Exil: Experimente auf dem chinesischen Saiteninstrument Guzheng
Das Guzheng kommt aus China, ist ein zwei bis drei Meter langes Saiteninstrument und lässt sich als eine Mischung aus Harfe, Hackbrett und Streichinstrument spielen. Zu finden ist es hier höchstens in Fachbüchern zur Musikethnologie; zu hören war es jetzt bei "Just Music". ARTist im Exil/Kooperative New Jazz hatte unter diesem Titel ins Caligari eingeladen, und Uwe Oberg begrüßte mit Xu Fengxia eine junge Chinesin, die keine Grenzen im Balanceakt zwischen jahrhunderte-alter Traditionsmusik und zeitgenössischem Experimentieren kennt.
Eine Art Hommage an das Guzheng war die einleitende Improvisation von Uwe Oberg: Töne wie perlende Wasserspiele, später auch das Klavier als Zupfinstrument, verdichten sich zu minimal-music-ähnlichen Strukturen, bei aller Spontaneität spürbar durchdacht.
Xu Fengxia nahm danach die recht zahlreich erschienenen Zuhörer erst einmal mit auf eine lange Reise ins traditionelle China. Und wie das Guzheng vom sanften bis zum höchst belebten Klanggrund einen klagenden, aber (perkussiv gespielt) auch aggressiven Charakter annahm, ließ Xu Fengxia ihre Stimme in gleicher Weise durch alle Klangmöglichkeiten wandern. Frei schwebende Klänge im Raum, Rufen, Wimmern und rhythmisches Sprechen - diese ganze Bandbreite der Ausdrucksmöglichkeiten brachte die Chinesin im zweiten Teil des Abends in die Improvisation mit ein.
Tatsächlich erscheint die Idee vom "Dialog der Kulturen" zu abgedroschen für diese Kommunikation der Klänge. Frei schwingende Guzheng-Klänge werden von freien Klavier-Akkorden in jazzigem Grundcharakter beantwortet, dann dreht sich die Gewichtung um, das Klavier wird zum Wortführer, bei dem auch präparierte Töne unterschiedlichsten Charakters zur Geltung kommen. Und fast unmerklich steigert sich alles zu diesen herrlich motorischen Passagen voller Energie, in denen die schwingenden Saiten mehr als nur eine Seite im Zuhörer zum Schwingen brachten.

SÜDWESTPRESSE ULM: GROßE IMPROVISATIONSKUNST BOTEN XU FENGXIA UND UWE OBERG IM SAUSCHDALL
Zum Auftakt hatte Xu Fengxia mit "Die Pflaumenblüte" ein altes chinesisches Stück im Programm. Doch bald fing sie an, über die romantische Melodie zu improvisieren, arbeitete mit der Rhythmik, riss hart die Saiten an und spielte perkussiv. Großartig wurde das Konzert, als Xu Fengxia mit dem Pianisten Uwe Oberg improvisierte. Die Ideen in den Dialogen wurden sofort aufgenommen und weitergeführt, wanderten zwischen den beiden hin und her. Mit der flachen Hand schlug Xu die Saiten an, bildete Cluster, ließ großartige Klangbilder entstehen. Ein exotisches Instrument fand seinen Platz in der zeitgenössischen Musik.
Uwe Oberg ließ sich in seinen Klavierimprovisationen zum einen sehr stark von der zeitgenössischen "Klassik" beeinflussen, besonders John Cage. Er präpariert sein Instrument ebenso wie einst Cage mit Klammern und Schrauben, die er zwischen die Klaviersaiten spannte. Zum anderen, wenn die Jazzseite zum Tragen kam, zeigte er sich von der Melodik eines Thelonious Monk inspiriert, arbeitet aber auch mit den Spieltechniken des Free Jazz. Ein spannendes Konzert.